Ich komme immer mehr hier in Ecuador an, habe jetzt meinen Alltag gefunden und schon viele schöne und ein paar nicht so schöne Erfahrungen gemacht. Hier möchte ich euch davon erzählen:

Mein Tag beginnt jeden morgen um 6, wenn Katis Wecker klingelt. Neben Früchten mit Müsli oder Toast (Brot vermisse ich ja schon…) gibt es manchmal auch Verde. Verde ist eine Kochbanane, die zum traditionellen Frühstück dazugehört und sehr lecker schmeckt. Nach dem Frühstück habe ich dann immer ein wenig Zeit, weil Kati schon eine halbe Stunde vor mir zu ihrem Projekt fährt. Je nach Motivation fahre ich mit dem Bus oder gehe zu Fuß zu meiner Schule. Wenn ich laufe, komme ich immer an dem gleichen Typen in gelben Gummistiefeln vorbei, der vor einer Autowerkstatt eine rote Fahne schwenken muss. Gerne hüpfe ich auf dem Weg noch in die Panaderia, also die Bäckerei, um mir als Stärkung für den Tag einen Empanada oder ein Schokobrötchen zu kaufen. 

In der Schule angekommen, kann ich mich dann erstmal entspannen, weil das Lehrerzimmer morgens zum Frühstücken und zum Schminken genutzt wird. Wir sind mittlerweile vier Freiwillige an der Schule, was unsere Aufgaben deutlich minimiert hat.

Es gibt an der Schule zwei Englischlehrerinnen, die wir Freiwilligen in ihrer Arbeit unterstützen sollen. Linde und ich helfen der Englischlehrerin der 4. bis 7. Klasse. Das bedeutet, dass wir sie in den Unterricht begleiten und dort für Tafelanschriebe verantwortlich sind, Hausaufgaben korrigieren oder herumgehen und versuchen, den Schüler:innen ihre Fragen zu beantworten und ihnen bei der Bearbeitung ihrer Aufgaben zu helfen. Wir begleiten die Lehrerin aber nicht immer in den Unterricht, sondern tippen manchmal Aufgaben für die Schüler:innen ab oder malen Plakate für den Unterricht oder für verschiedene Feste.

Was ich am Projekt mag, sind die Einblicke in ecuadorianische Traditionen und besondere Aktivitäten. So haben wir am 2. November, dem Tag der Toten, Colada morada (ein warmes Beerengetränk) getrunken und Guaguas de pan gegessen. Zu den Fiestas de Quito haben wir geholfen, die Schule in rot und blau zu schmücken und Vorstellungen der Schüler:innen angeschaut. Ein Highlight war das 15-jährige Jubiläum der Gründung der Schule. In dieser Woche durften wir Lieder und Tänze kennenlernen, die die Kinder in traditioneller Kleidung vorgeführt haben. 

Ich fühle mich wohl an der Schule, aber trotzdem bin ich mit meinem Projekt nicht ganz zufrieden, weil wir einfach zu viel Langeweile haben. 

   

Meistens können wir, nach unserem sowieso ziemlich kurzen Arbeitstag, noch etwas früher nach Hause fahren. Wenn ich aus dem Bus steige, werde ich von dem immer gleichen „Taxi, Veci, Taxi!!“ begrüßt, obwohl ich dieses Angebot noch an keinem Tag angenommen habe. Zuhause angekommen gibt es erstmal eine riesige Portion Mittagessen, weil meine Gastfamilie meistens nicht zu Abend isst. Das Mittagessen ist hier ähnlich wie in Deutschland, nur die Menge an Reis und Bohnen ist deutlich größer und die Menge an Nudeln deutlich kleiner. Um unserer Gastfamilie auch ein deutsches Gericht zu zeigen, haben Kati und ich unserer Gastmama beigebracht, wie man Spätzle macht.

In meiner Gastfamilie fühle ich mich sehr wohl und finde, dass Kati und ich sehr viel Glück haben. Vor allem unsere Gastmama ist sehr aufmerksam und liebevoll und interessiert sich sehr für uns. Sie respektiert auch, dass Kati und ich nicht jeden Tag ein Ei essen wollen, wie es hier oft üblich ist. Außerdem hat sie uns die Möglichkeit gegeben, einen Adventskranz auf dem Esstisch aufzustellen.

In der Gastfamilie habe ich gelernt, dass eine gute Kommunikation wirklich wichtig ist, damit es nicht zu Missverständnissen kommt. Das ist wegen dem Spanisch nicht immer einfach, aber ich verstehe sie mittlerweile ganz okay. Spanisch zu sprechen ist jedoch immer anstrengend und manchmal auch sehr frustrierend, wenn man einfach nicht richtig verstanden wird. Ich habe aber das Gefühl, dass mein Spanisch mit der Zeit immer besser wird.

Auch Nachmittags habe ich jetzt manchmal Langeweile, was echt neu für mich ist, weil ich in Deutschland wirklich nie zu viel Zeit hatte. Ich nutze meine Zeit hier um zu telefonieren, zu lesen oder etwas kreatives zu machen und manchmal auch um Spanisch zu lernen. Ab und zu backen wir zusammen mit unserer Gastmama und unterhalten uns am Küchentisch mit ihr, was immer sehr schön ist. Ansonsten verbringe ich gerne Zeit mit den anderen Freiwilligen. Kati, Linde, Johanna und ich kochen ab und zu zusammen, gucken bei einem Stück Torte einen Film oder quatschten einfach nur.

    

Ich bin zwar sehr motiviert meine Zeit hier möglichst zu nutzen und zu genießen, mir ist aber wichtig zu erwähnen, dass der Alltag auch hier manchmal nervig und anstrengend ist. An den Wochenenden unternehmen wir deshalb gerne etwas in der Umgebung, was immer eine schöne Abwechslung darstellt.

Bisher haben wir die Touri-Orte in Quito abgeklappert, haben verschiedene Museen und Märkte besucht, waren in einer Therme, sind mit einem Partybus gefahren und waren traditionell ecuadorianisch oder einfach Pizza und Lasagne essen. Außerdem haben wir auf dem Vulkan Pichincha eine kleine Tour auf Pferden gemacht, sind im Regen bei der besten Aussicht über ganz Quito wieder runtergelaufen und haben uns dabei ganz frei gefühlt.

Wir haben auch schon Wochendendtrips in andere Städte unternommen, um Ecuador möglichst gut kennenzulernen. Wir waren in Mindo und sind dort im Nebelwald zu einem Wasserfall gewandert und wurden auf dem Rückweg auf der Ladefläche eines Trucks mitgenommen. Wir waren in Mompiche, einem kleinen, nicht so touristischen Ort an der Küste. Dort haben wir tiefentspannt am Strand gelegen, Eis gegessen und Säfte getrunken. Außerdem haben wir dort auch eine Tour in den Regenwald gemacht und Brüllaffen, einen Pfeilgiftfrosch und ein sich verfärbendes Chamäleon gesehen. Zuletzt waren wir in Otavalo und haben dort eine sehr schöne Wanderung um einen Krater gemacht und uns auf dem traditionellen Markt dort verschiedene Kleinigkeiten gekauft.  

   

   

Für mich ist es zur Normalität geworden nachmittags zum Gitarrenspiel meines Gastvaters nach Hause zu kommen, Hunden auf dem Bürgersteig auszuweichen, beim Busfahren ohne mitzählen zu müssen die Haltestellen zu erkennen und Getränke immer nur mit ein bisschen Zucker zu bestellen. Natürlich habe ich manchmal Heimweh und wünsche mich für einzelne Momente zurück zu meiner Familie und meinen Freunden, aber ich habe bemerkt, dass ich anfange weniger zu telefonieren und meine Aufmerksamkeit immer mehr auf die Gestaltung meiner Tage hier richte.

Ich bin sehr gespannt, was die nächste Zeit bringt, freue mich auf die Erfahrungen, die ich machen darf und darauf, weiter in meinem Leben hier anzukommen.

Liebe Grüße aus Ecuador

Emma


1 Kommentar

Hans Spross · 12. Januar 2023 um 13:49

Hallo Emma, danke für den Bericht, man bekommt einen guten Eindruck von deinem Leben in Ecuador. VG Hans

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