Ankunft und Kennenlernen

Meine Reise begann am Morgen des 14. Septembers. Nach einem etwas tränenreichen Abschied am Frankfurter Hauptbahnhof startete meine Reise Richtung Paris. Voller Vorfreude und Nervosität hoffte ich inständig, dass alle meine Züge pünktlich sein würden und, dass ich nicht im Pariser Metrosystem verloren gehen würde. Nach einem Umstieg in Karlsruhe saß ich schließlich im Zug nach Paris. Es ist schwer das Gefühl in Worte zu fassen, welches ich verspürt habe, als ich realisierte, dass wir die Grenze überquert hatten. Kein Schild in großer Schrift schrie mir zu: ‚Bienvenue en France‘, aber von jetzt auf gleich überkam mich ein Gefühl von Aufbruch, von Lebenslust, aber auch Nervosität. Plötzlich schien alles, was vorher nicht greifbar war, real zu werden.

Wir näherten uns Paris und schließlich kam der Zug am Gleis mit einem leisen Zischen zu einem Stopp. Mehr oder weniger automatisch stand ich auf, hievte meinen Koffer aus dem Zug und stand inmitten einer riesigen Menge an Menschen, die alle hin- und herwuselten, auf dem Weg zu ihrem Zug oder Richtung Metro. Ich ließ mich von dem Strom mitreißen. Schnell schrieb ich meiner Mentorin, dass ich gut in Paris angekommen war. Glücklicherweise waren alle meine Züge pünktlich (Danke an dieser Stelle an die deutsche Bahn, die ihrem Ruf nicht treu geblieben ist!), sodass ich genug Zeit hatte, um mich zu orientieren, den Infos meiner Mentorin zum Metrosystem zu folgen und ich dann wirklich an dem Bahnhof ankam, an dem ich ankommen sollte.

Hier suchte ich nun meinen Zug Richtung Granville, hatte einen kurzen Moment der Panik, weil ich ihn nicht gefunden hatte, aber schließlich herausfand, dass er an einem anderen Gleis etwas außerhalb des regulären Bahnhofs abfuhr und dort schlenderte ich dann also hin und wartete nun auf meinen Zug. In der Halle traf ich einen Mitfreiwilligen, sodass wir gemeinsam den Zug zu unserer finalen Haltestelle nehmen konnten. Nach drei weiteren Stunden im Zug, einem kurzen Blick auf den Eiffelturm und dem Anblick der untergehenden Sonne über der wunderschӧnen Landschaft, fuhr unser Zug dann gegen 20 Uhr am Zielbahnhof ein.

Erwartet wurden wir von unserer Mentorin und so fuhren wir gemeinsam zu dem charmanten Häuschen, in dem wir gemeinsam mit zwei weiteren Freiwilligen die kommenden zwei Monate verbringen würden. Es liegt auf einem Bauernhof und wir haben eine tolle Aussicht auf die grünen Felder, die Coutances umgeben. In unserem temporären Zuhause wurden wir von unseren Mitfreiwilligen begrüßt, sodass unsere Gruppe nun komplett war. Insgesamt sind wir vier Freiwillige: Eine Freiwillige aus Tschechien, ein Freiwilliger aus den Niederlanden und zwei Freiwillige aus Deutschland. Mit allen Eindrücken des Tages fiel ich ins Bett und schlief sofort ein.

Am nächsten Morgen holte unsere Mentorin uns dann ab und gemeinsam fuhren wir zu unserer Organisation Avril. Vorfreude mischte sich jetzt mit Aufregung als das Auto links abbog und einer baumgesäumten geteerten Straße folgte, bis wir schließlich auf den geschotterten Vorplatz eines einstöckigen Gebäudes rollten. Vor der geöffneten Garage strich eine Mitarbeiterin gerade selbstgebaute Möbel für den Garten. An dieser Stelle sollte ich vielleicht genauer erklären, was mein Projekt überhaupt ist.

Ich darf bei der Assoziation Avril mein Freiwilligendienst verbringen. Die Assoziation beschäftigt sich mit allem, was sich um Umwelt und Biodiversität dreht, sowie mit der Sensibilisierung von Kindern und der Gesellschaft allgemein bis hin zu Umfragen und Observation von Flora und Fauna. Bei der Organisation arbeiten vor allem „Umweltvermittler“ (Ich habe leider keine passende Übersetzung finden können). Das sind Menschen, die andere Menschen bei allem Thematiken rund um die Umwelt pädagogisch sensibilisieren können. Die Hauptaufgabe von uns Freiwilligen ist es bei Chantiers zu helfen. Leider konnte ich wieder keine passende Übersetzung finden, aber im Grunde kann man es einfach als ‚körperliche Arbeit‘ übersetzen. Wir unterstützen dabei die Küstenwache, z.B. bei dem Erhalt der Dünen oder der Biodiversität durch die Kontrolle der invasiven Spezies.

Wir lernten an diesem Tag nun auch den Langzeitfreiwilligen und alle anderen Mitarbeitenden bei Avril kennen, sowie die Räumlichkeiten. Unser erster Tag, der Donnerstag, als auch der Freitag wurden dazu genutzt uns gegenseitig besser kennenzulernen, aber auch die Ziele des Projekts und die Absichten des Youth Pass zu verstehen. An diesem Tag bekamen wir auch unsere Fahrräder mit denen wir als Erstes Einkaufen fuhren. Das war an sich schon ein kleines Abenteuer. Da ich selbst noch nie auf diese Art und Weise auf mich selbst gestellt war, mir Rezepte für jeden Tag zu überlegen, fiel auch mein Einkauf dementsprechend chaotisch aus. Das hat sich aber jetzt schon verbessert (Zumindest fühlt es sich so an :)).

Freitagvormittags hatten wir dann unseren ersten Franzӧsischunterricht und lernten nachmittags Coutances besser kennen, mit seiner wunderschӧnen riesigen Kathedrale, süßen kleinen Läden und einem beeindruckenden Garten. Der Samstag hielt dann etwas Besonderes für uns bereit: Ein internationales Dinner. Hier wurden ganz viele verschiedene Gerichte aus aller Welt zubereitet, von denen wir gegenseitig etwas probierten. Abends saßen wir dann noch lange zusammen, spielten Spiele und tauschten uns aus. Den Sonntag verbrachten wir dann sehr entspannt mit einem kleinen Spaziergang durch den angrenzenden Wald bei blauem Himmel.

Die erste ‚offizielle‘ Woche 

Montags war dann unser erster offizieller ‚Freiwilligentag‘. Morgens klärten wir noch ein paar organisatorische Dinge und mittags durften wir dann, gewappnet mit Ferngläsern und Notizzetteln, bereits mit ans Meer fahren, um Robben zu beobachten und deren Verhalten anhand der Menschen, die sich an diesem Strand befanden, zu analysieren.  Das Beobachten der Robben war sehr interessant und ich war auch sehr dankbar die Zeit am Meer verbringen zu dürfen. Unser Rückweg führte uns dann durch einen Trampelpfad über die Dünen und was hier jetzt passierte war naja, nicht ideal. Meine Brille zerbrach nämlich leider während ich sie sauber machte, und im ersten Augenblick ist das vielleicht keine große Sache, aber in dem Moment habe ich mich einfach unglaublich hilflos gefühlt. So vorausschauend hatte ich leider vorher nicht gedacht und keine Ersatzbrille mitgenommen und auch meine Kontaktlinsen zuhause vergessen. Das war dann auf jeden Fall eine Herausforderung für mich. Den Dienstag und Mittwoch habe ich dann mit meiner Sonnenbrille und meiner notdürftig reparierten Brille verbracht.

Dienstags und mittwochs durften wir dann bei der Entwicklung von pädagogischen Materialien helfen, Materialien für internationale Mobilität kennenlernen und beim ‚Club Nature‘ aushelfen. Der Club wurde für Kinder ins Leben gerufen, um diesen den Umgang mit der Natur näherzubringen. An diesem Tag war das Thema z.B. der Garten, der sich auf dem Gelände von Avril befindet.  

Um kurz auf meine Brille zurückzukommen und dieses Mysterium aufzulösen. Ich hatte Unterstützung von zuhause, weil meine Eltern mir netterweise sehr schnell meine Kontaktlinsen geschickt hatten. Vor allem aber hatte ich ganz viel Unterstützung hier vor Ort. Mein anderer Mentor ging mit mir zu mehreren Optikern, bis wir einen Optiker gefunden hatten, der meine Brille reparierte. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar. Ich habe auch versucht, mir selbst nicht zu viele Vorwürfe zu machen, was ich alles hätte anders machen können, um zu verhindern, dass etwas passiert wäre. Auch wenn diese Herausforderung in dem Moment unglaublich schwer auf meinen Schultern lastete, war ich unglaublich froh so eine tolle Unterstützung zu haben. Ich glaube, das würde ich auf jeden Fall als Fazit meiner ersten Woche ziehen: Es ist gleichgültig, welche Schwierigkeit dir während des Freiwilligendienst begegnet, irgendwie schafft du das alles, vor allem mit tollen Menschen an deiner Seite und sei bitte nie zu hart zu dir selbst. Der Freiwilligendienst ist eine Zeit zum lernen und ohne Herausforderungen wäre das vielleicht ein bisschen schwierig. So habe ich zum Beispiel auf jeden Fall gelernt, immer eine Ersatzbrille oder Kontaktlinsen mitzunehmen 🙂


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