Buanas Días, ich bin Philip, 19 Jahre alt und mache aktuell meinen Freiwilligendienst mit Weltwärts in der 4 Millionen Einwohner Stadt Puebla in Mexiko. Für mich war schon immer klar, dass ich nach der Schule mindestens für ein Jahr ins Ausland gehen möchte. Nach einiger Überlegung fiel die Wahl auf Mexiko und da ich bereits einen Freund in Ciudad de Mexico habe, auf das ca. 130km entfernte Puebla.

Für eine bessere Lesbarkeit unterteile ich den Reisebericht in mehr oder weniger chronologische Abschnitte. Viel Spaß beim Lesen!

Ankunft und Visumsschwierigkeiten

Die Anreise verlief für mich ganz entspannt, da ich aus Bremen fliegen konnte und somit keine allzulange Anreise hatte. Nach einer kleinen Verzögerung auf Grund des schlechten Wetters, konnten wir für den Zwischenstopp in Amsterdam abheben, wo ich auch die anderen beiden Freiwilligen treffen sollte. Da diese aus Frankfurt flogen und das Wetter dort scheinbar noch deutlich schlechter war als bei mir in Bremen, verzögerte sich ihr Flug leider so sehr, dass sie zwar irgendwann in Amsterdam angekommen sind, allerdings 20 Minuten nach Abflug des Fliegers nach CDMX (Ciudad de Mexico). Daher mussten sie einen Flug am nächsten Tag nehemen und ich flog die 12 Stunden Flugzeit allein, mit viel Platz rechts und links neben mir und einer Menge Mitleid der Stewardessen.

Nach einer erfolgreichen Landung in CDMX und einem ersten Blick auf das Ausmaß dieser gigantischen Stadt, die von oben mehr einem Häusermeer ähnelte, stand die Regristrierung bei der Migrationsbehörde an. Ich war eigentlich schon fast am Schalter des Beamten vorbei, als dieser mich bat, doch einmal noch kurz mit ihm zu kommen. Ohne das mir gesagt wurde, was genau das Problem sei, wurde mir ein Fragebogen zu meiner Reiseintention in die Hand gedrückt und ich sollte in einem kleinen, stickigen Raum Platz nehmen. Mit mir warteten bestimmt 20 Andere, die auch Visumsschwierigkeiten hatten. Nach einandhalb Stunden Wartezeit wurde ich langsam etwas nervös, da man mir zu Beginn mein Handy abgenommen hatte und ich somit nicht Bescheid geben konnte, was passiert war. Daher bat ich die Beamten auf meinem brüchigen Spanisch darum, ob ich das interne Telefon benutzen könne um meine Verspätung zu erklären. Hier lernte ich das erste Mal das Wörtchen „Ahorita“, also den Dimunitiv von jetzt, kennen. Wie ich auch noch in anderen Situationen gemerkt habe heißt „Ahorita“ hier keines wegs zwangsläufig jetzt sofort sondern orientiert sich irgendwo zwischen Jetzt, Gleich und Nie. In meinem Fall hieß es eine weitere halbe Stunde warten, die ich damit verbracht habe, zwei georgischen jungen Männern den Fragebogen zu übersetzen, da diese kein Spanisch oder Englisch sprachen und das Formular nicht verstanden. Nach dem ich die beiden Kollegen wohlmöglich noch mehr verwirrt habe, wurde ich aufgerufen und mir wurde mein konfisziertes Handy und Boardkarte in die Hand gedrückt. Ich erfuhr, dass mit meinem vorläufigem Visum, dass ich 2 Tage zuvor in der Botschaft in Berlin abgeholt habe, zwar alles in Ordnung sei, es aber zu neu war und daher noch nicht im Server der Migrationsbehörde angezeigt wurde und manuell eingetragen wurden musste. Wieso die Übertragung so lange gedauert hat ist mir aber bis heute ein Rätsel….

Danach lief aber zum Glück alles nach Plan, da der Señor, der mich vom Flughafen zum Busbahnhof bringen sollte, noch auf mich gewartet hat. An dieser Stelle noch mal vielen Dank dafür, Jesus! Endlich angekommen in Puebla brachte mich meine Koordinatorin, Imelda, in unser Quarantänehaus in dem ich dann ohne noch etwas zu Essen ins Bett gefallen bin. Es war schließlich schon 10am (deutsche Zeit).

La Familia

Nach gut 7 Tagen Quarantäne mit den anderen beiden Freiwilligen Fynn und Zoé, durfte ich endlich meine Gastfamilie kennen lernen. Ich war schon ein bisschen aufgeregt, da ich bis dato nur einmal mit ihnen telefoniert habe und sie sonst nur von Bildern kenne. Sie haben mich dann auch alle gemeinsam vom Quarantänehaus abgeholt und wir sind erstmal Tacos essen gegangen. Zu der Familie gehört Claudia (Mutter und 50 Jahre), die selbst in einer sozialen Organisation arbeitet und dort für die nationalen Freiwilligen zuständig ist. Außerdem habe ich noch drei Gastschwestern (19, 18, und 13), wobei die Älteste gerade selbst einen Freiwilligendienst in Deutschland macht. Mit Fernanda (18) mache ich sogar recht viel, da sie auch gerne ausgeht und mich dann ab und zu mitnimmt. Die Kleine ist altersbedingt etwas zurückhaltender aber ich verstehe mich immer besser mit ihr und es entstehen schon beinahe Gespräche mit mehr als 2 Sätzen ihrerseits. Ich bleibe aber dran J. Außerdem gehören zur Familie noch die Großeltern mit Marie, eine begnadigte Köchin und Daniel, der ziemlich viel flucht und lustige Sachen tut, was ihn für mich ziemlich sympatisch macht. Wie sehr viele mexikanische Familien haben auch wir zwei Hunde (Nona und Bonny), die mich auch schon immer sehr herzlich begrußen, wenn ich nach Hause komme.

Wir leben in einem schönen Haus in einem s.g. „Fraccionamento“ in einer ziemlich guten Gegend Pueblas. Ein Fraccionamento ist ein eingezäuntes Wohngebiet, dessen Eingang von Sicherheitskräften kontroliert und bewacht wird. Das war für mich erstmal etwas ungewohnt aber ist hier unter den gut situierten Familien Standard. Auch neu für mich war, dass wir eine Haushälterin haben (Monse, 19), die von Montag bis Samstag bei uns wohnt und wirklich alles im Haushalt macht. Sie kauft zum Beispiel ein, wäscht deine Wäsche und kocht und serviert das Essen. Aber auch das ist hier viel normaler als bei uns und laut Statistik arbeiten 2,2 Milionen der mexikanische Frauen (offiziell) als Haushälterin.

Ich bin sehr glücklich mit der Familie, da ich wirklich das Gefühl habe, dass sich um mich wie um ein Familienmitglied gesorgt wird, jedoch ohne in meinem Tun beschränkend zu werden. Das ist ein tolles Gefühl und es dauerte nicht lange bis aus „la familia“, „mi familia“ wurde.

Malinche

Für unseren ersten Ausflug haben wir uns den 4.490m hohen Malinche vorgenommen. Das ist ein Berg ganz in der Nähe von Puebla. Nach der obigatorischen Verspätung, an die ich mich erstaunlicher Weise schon schnell gewöhnt (bzw. einfach aus Deutschland beibehalten) habe, ging es mit den anderen Freiwilligen und deren Familien sowie unserer Koordinatorin los. Schon als wir mit dem Auto zum Weganfang gefahren sind, hat man die Höhe gemerkt, zumal Puebla selbst schon auf 2.200m ist. Der Aufstieg verlief zunächst relativ entspannt, wurde aber dann später immer schwieriger. In der letzten halben Stunde wurde es sogar auf Grund des Sauerstoffmangels so anstrengend, dass man alle 5 Höhenmeter eine kurze Pause einlegen musste, damit sich der Körper auf die Höhe einstellen konnte.

Das war wirklich eine der anstrengensten körperlichen Erfahrungen, die ich in meinem Leben bis jetzt gemacht habe und das Gefühl oben auf dem Gipfel zu stehen und den atemberaubenden Ausblick auf Puebla zu sehen, war unbeschreiblich. Es haben sogar nur wir Freiwillige und der Mann von Imelda bis ganz nach oben geschafft weil es so hart war. Nach dem ich mich gefühlt habe wie Reinhold Messner, ging es kältebedingt auch schon wieder nach unten, was vergleichsweise erstaunlich schnell ging. Insgesamt sind wir 22km in 8 Stunden gelaufen, was ich definitiv am nächsten Tag gesprürt habe. Anschließend bin ich noch mit meiner Koordinatorin super leckere Tacos al Pastor essen gegangen.

Das Essen

Wenn wir schon mal gerade beim Essen sind: Das Essen hier ist wirklich top! Grundsätzlich lässt sich zwar fast jedes Essen mit „Tortilla, Bohnen, Hühnchen, Crema und Salat/Chili“ beschreiben aber es schmeckt doch alles ganz anders und super lecker. Tortilla sind hier übrigens kein Kartoffelauflauf, den die meisten aus Spanien kennen, sondern der Maisfladen, den man bei uns zum Beispiel für Wraps nutzt. Ich muss jedoch sagen, dass das was wir in Deutschland unter mexikanischem Essen kennen viel mehr Tex-Mex ist und dem eigentlichen Essen nicht viel ähnelt.

Ich glaube mein Lieblingsessen sind sog. Tostadas (Tortilla, Bohnen, Hühnchen, Crema und Salat/Chili). Hierfür nutzt man harte Tortillas und eine Salsa aus Bohnen auf die man dann das Hühnchen und die anderen Zutaten häuft. Aber auch Elotes sind super lecker. Das sind Maiskolben, die etwas weniger süß als bei uns schmecken und erst mit Mayonnaise eingeschmiert und dann mit Rasbelkäse und Chilipulver eingerieben werden.

Da ich schon über Halloween hier war, habe ich auch schon die ein oder andere mexikanische Süßigkeit probiert, die sich teilweise wirklich sehr unterscheiden. Es gibt natürlich auch Arten, die unseren deutschen Süßigkeiten ähneln. Für größten Teil trügt der Name Süßigkeit allerdings etwas, da sie nebenZucker vor allem aus Chili und Salz bestehen. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich daran noch nicht gewöhnt habe und wohl auch nicht gewöhnen werde. Wer aber mal ausprobieren will wie das schmeckt: Wenn ihr eine scharfe Soße wie Tabasco etc. mal für eine Weile stehen gelassen habt, bilden sich am Flaschenhals Zuckerklumpen. Die schmecken wirklich eins zu eins wie die Süßigkeiten hier. Überzeugt euch am besten selbst.

Da man als Freiwilliger ja auch den Auftrag der Völkerverständigung und -aufklärung hat, möchte ich hier einmal klarstellen, dass man die manchmal zum Corona (das Bier) servierte Limette nicht in die Flasche fallen lässt, wie man es aus unserer Werbung kennt, sondern nur dafür nutzt um den Flaschenhals zu säubern. Wer das tut outet sich ziemlich schnell als Gringo.

Die Arbeit

Als Projekt habe ich mich für die Fundación Majocca entschieden, eine kleine Stiftung mit 6 Mitarbeitern und vielen Arbeitsbereichen. Der Hauptfokus liegt aber auf dem Sammeln von Spenden, wie Kleidung, Medikamenten oder Spielzeug und das anschließende Verteilen an soziale Projekte. Außerdem werden regelmäßig Kurse für andere Organisationen angeboten, bei denen Themen wie Fundraising oder auch Social Media Arbeit vermittelt werden sollen. Diesen Teil halte ich für besonders sinnvoll, da man so zu einer nachhaltigen und langfristigen Unterstützung beiträgt und nicht nur kurzfristige Hilfen anbietet (die natürlich situativ auch sehr sinnvoll sind). In meinem Projekt bin ich vor allem für die Social-Media-Kanäle der Organisation zuständig und soll später auch weitere Organisationen mit ihren sozialen Medien helfen. Außerdem helfe ich generell bei allem was so ansteht, wie zum Beispiel die Entgegennahme oder Abholung der Spenden.

Mein Zwischenfazit

Ich bin wirklich super glücklich die Entscheidung getroffen zu haben nach Mexiko zu gehen und kann nur jedem empfehlen das auch zu tun. Mexiko ist ein großartiges Land und man kann viel erleben. Besonders toll sind aber die Menschen hier. Man wird sofort super herzlich aufgenommen und findet so ganz schnell neue Freunde. Die Mexikaner sagen selbst über sich „niemand liebt das Leben mehr als wir“ und das spürt man wirklich täglich. Es wird viel mehr gelacht, gescherzt und einfach alles nicht so ernst genommen. Das soll natürlich nicht heißen, dass Deutsche keinen Spaß verstehen, aber ich habe schon das Gefühl, dass es hier ein bisschen lockerer ist.

Saludos!

Kleiner Disclaimer: Das was ihr gelesen habt sind natürlich nur meine subjektive Sicht auf das Land und seine Einwohner. Es gibt sicherlich auch mexikaner, die zum Beispiel nicht super aufgeschlossen und freundlich sind, sowie es Deutsche gibt, die kein Bier trinken.


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